Da stand ich nun mit meinem Laden.
Ich konnte nicht mehr.
Das Hamsterrad meines Lebens drehte sich immer schneller.
Von meinen persönlichen Katastrophen hatte ich mich immer noch nicht erholt.
Wie auch, denn es waren für mich lebenseinschneidende Erfahrungen gewesen.
Ich versuchte mir den Druck heraus zu nehmen, Lösungen zu
finden.
Ich begann schon vor einigen Jahren Bücher zu den Themen
Persönlichkeitsentwicklung, Schamanismus und Natur zu lesen.
Mein Leben veränderte sich.
Ich war auf der Suche nach dem Sinn.
Welchen Sinn hatte mein Leben noch, nachdem mir meine Kinder
genommen wurden?
Ich arbeitete, trainierte, tanzte…suchte Ablenkung und nichts half.
Ich verlor immer mehr die Freude und das Warum für mein Leben.
Mein Arzt wies mich als Akutfall in die Klinik ein.
Ich sollte mit der Diagnose Burn-out eine Auszeit nehmen und mich behandeln
lassen.
Raus aus dem Hamsterrad.
Zu dieser Zeit war ich alleine. Kein Partner, weder im Leben noch im Betrieb.
Sechs Tage arbeiten, ein Tag frei und an diesem Tag machte ich all das, was ich
in der Woche nicht schaffte, putzen, Wäsche waschen, Buchhaltung. Ich
funktionierte nur noch.
Meine Kinder sah ich so gut wie gar nicht. Die Verbindung schien gekappt.
Aufgrund der, bei der Krankenkasse, eingereichten Papiere,
Diagnosen und ärztlichen Schreiben bekam ich als akuter Fall dann schon nach
fünf Monaten einen Platz in einer Klinik, in die ich nicht wollte.
Ich wollte mich nicht mit anderen in einen Kreis setzen und über mein Leben
jammern.
Was ich wollte, war einfach mal meine Ruhe, schlafen, nix
müssen.
Der Termin sollte im November sein und dann für mindestens neun Wochen, sagte
mir der Mitarbeiter der Klinik, der mich im Betrieb anrief.
Ich war total erschrocken…im November?
Immerhin hatte ich von Mitte Oktober bis Heilig Abend Hochsaison, denn in
dieser Zeit machte ich circa siebzig Prozent meines Jahresumsatzes. Ich konnte
unmöglich zu dieser Zeit neun Wochen den Betrieb schließen. Ich sagte dem
Klinikmitarbeiter wie ich darüber dachte und er erwiderte: „Na, dann kann es ja
wohl nicht so dingend sein!“ „ Doch“, sagte ich „nur wenn ich in dieser Zeit
den Laden schließe, kann ich danach zum Sozialamt gehen, denn dann bin ich
bankrott.“ „Ja, wenn Ihnen ihr Geschäft wichtiger ist als Ihre Gesundheit“,
erwiderte er. Was sollte ich sagen, ich hatte weder kraft noch Argumente, da er
es anscheinend nicht verstehen konnte oder wollte. Als Selbstständige bekam ich
keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Kunden, die in dieser Zeit vor die
geschlossene Tür laufen würden, kämen nicht wieder. Aber all das wurde nicht
gehört. Er legte erzürnt auf.
Und ich machte, wie so oft in meinem Leben, einfach weiter.
Um mir mehr Freizeit zu zuschustern, ging ich in meinem betrieb eine
Kooperation ein und gründete mit einer Kollegin, die ich nur als Kollegin
kannte, eine GBR.
Ich hoffte auf nur noch drei Tage Laden und ein Teilen der gesamten Aufgaben,
die den Betrieb betrafen. Leider gefehlt. Meine Kollegin kam zwar drei Tage die
Woche, nur leider musste ich trotzdem mindestens fünf Tage erscheinen, um alles
was das betriebswirtschaftliche anging, sowie die Entwicklung der Kollektion,
alleine machen.
Es war wie in einer schlechten Beziehung. Sie zog mit einem
Köfferchen in meine Wohnung ein und beteiligte sich weder zeitlich noch
finanziell am gemeinsamen Leben.
Trotz vielen Gesprächen und Mediationen, um diese geschäftliche Verbindung zu
einem guten Punkt zu bringen scheiterte es und ich stand mit viel Ärger,
einigen tausend Euro Verlust und einem Gerichtverfahren da.
Ich packte ihren Koffer, setzte ihn vor die Türe und sie ging…zurück blieb ein Scherbenhaufen, den ich mühsam wieder aufräumte. Das war mir nun eine Lehre gewesen.
An den Wochenenden ließ ich in den folgenden Jahren immer
mal wieder den Laden geschlossen, weil es keine andere Möglichkeit gab Luft zu
holen und mich zu erholen.
Ich machte jahrelang keinen Urlaub, weil es weder finanziell noch zeitlich drin
gewesen wäre.
So kämpfte ich mich durch mein Leben und gab nicht auf.
Ich besuchte immer mal wieder Seminare bei einem schamanisch
arbeitenden Paar, machte meine Visionssuche in den Schweizer Bergen. Da saß ich
nun mit meinem Zelt, fastend, fünf Tage und Nächte alleine im Wald und sollte
mein Feuer hüten. Es goss fast die ganze Zeit in Strömen. Es war hart. Ich
heulte, schrie, kämpfte…und gab nach. Ich lag da auf einem weichen Polster aus
Heidelbeeren und spürte mich endlich wieder. Ich schrieb, machte die Aufgaben,
die mir aufgetragen worden waren, verließ meinen heiligen Steinkreis nur um
Wasser und Brennholz zu holen. Und um mich zu erleichtern. Immer wieder weinte
ich, es kam so vieles hoch. Die ganze Anstrengung, die Kämpfe, die
Verletzungen, Schuldgefühle wollten endlich gesehen werden. Ich begann mich zu
erkennen. Ich stellte mir Fragen.
„Warum mache ich das eigentlich alles?“ „Warum ist es so schwer?“ Ich schreib
und schrieb und schrieb…schrie, weinte, wütete und war still. Auf einmal war es
leer in mir und still.
Ich fühlte nichts mehr oder alles. Ich kann es nicht sagen.
Als ich nach diesen Tagen von der Trommel, die Johanna, die Schamanin schlug,
zurück an die Hütte, in die Gruppe gerufen wurde, packte ich mein Zeug, räumte
meinen Platz auf und ging wieder in mein Leben. Ich kam am Feuer an, ich war
die letzte die gerufen worden war. Die Gruppe stand dort und jubelte mir zu.
Ich hatte es geschafft. Ich hatte den Mut bewiesen mit mir alleine zu sein.
Ohne Ablenkungen. Nur mir selber ausgesetzt, meine Gefühle zu fühlen. Ich bekam
eine Initiation. Johanna lachte mich an, ich lachte, all die Anspannung war
weg.
Nun hatten wir noch zwei Tage gemeinsam auf der Hütte zur
Nacharbeit, zum wieder ankommen. Als es an den Abstieg ins Tal ging, wollte ich
nicht. Ich hatte furchtbare Angst dieses Gefühl, diese Verbundenheit zu mir und
Mutter Erde wieder zu verlieren im Trubel des Lebens. Im Tal gingen wir alle im
eiskalten Gebirgsbach baden. Nackt. Es war wie eine Taufe.
Gemeinsam mit der Frau, mit der ich hergefahren war, machte ich mich auf den
Weg in mein Leben. War es noch mein Leben? War es mein altes oder mein neues
Leben?
Ich wusste nichts und das tat gut…wir schwiegen und genossen die Stille.
Unterwegs wollten wir an einer Raststelle halt machen. Wir betraten das
Restaurant, wollten etwas essen….es war laut und unwesentlich. Wir flüchteten beide
wieder aus diesem Lärm.
Es dauerte noch eine Woche, bis ich wieder in meinem Leben
ankam.
Erst erschien es als hätte sich nichts verändert. Diese Pflanze war noch so
zart…doch in mir keimten mein Lebenswille und meine Liebe zu mir selbst
langsam. Ich wurde ruhiger, bestimmter und trat für mich ein. Manchmal
reagierte ich sicher zu heftig, denn ich musste noch lernen und üben in der
Verbindung mit anderen Menschen, seien es Familie, Kunden, Lieferanten oder
Freunde, liebevoll zu mir zu stehen, ohne scharf und verletzend zu sein, aus
der Angst heraus mich wieder zu verraten. Denn das kannte ich. Ich hatte mich
schon so oft in meinem Leben verraten, nur um geliebt zu werden.
Ich war auf dem Weg der Heilung.
Wenn Du Dich in meiner Geschichte wiedererkennst und Fragen hast oder Hilfe auf Deinem Weg suchst, dann schreibe mich einfach an.
Ich bin da <3
Herzensgrüße vom Platz der Begegnung & Heilung
Xanthia
Kommentare
Kommentar veröffentlichen